Echolokalisation mittels Klicksonar bietet Lichtblicke für Blinde
Fledermäuse sind Meister der Orientierung in dunkler Umgebung und vermögen umherzufliegen ohne anzuecken. Wie auch Delfine oder Wale bedienen sich Fledermäuse der Echoortung, indem sie zur Orientierung ständig kurze Schreie im Ultraschallbereich ausstoßen. Auch blinde Menschen können die Echoortung nutzen. Wird der Blindenstock über den Boden gerollt, kann die Fläche abgetastet werden, die sich im unmittelbaren Umfeld der Person befindet. Wird der Stab hingegen auf den Boden getippt, erzeugt er ein Klickgeräusch. Blinde können mittels der Echolokalisation anhand der akustischen Signale erkennen, ob sie sich beispielsweise in der Nähe einer Wand, einer Tür oder eines Autos befinden.
Der Amerikaner Daniel Kish hat diese Form der Echolokalisation perfektioniert. Daniel Kish erkannte, dass mit Hilfe von Klicklauten die Umgebung gescannt werden kann. Das so genannte Klicksonar eröffnet blinden Menschen neue Möglichkeiten, ein unabhängigeres Leben zu führen. Doch wie funktioniert eigentlich die Echo- ortung? Fledermäuse erzeugen mit ihren Stimmbändern und dem Kehlkopf Rufe im Ultraschallbereich. Die Ultraschalllaute werden bei den Fledermausarten in schneller Folge durch den Mund ausgestoßen, worauf sie sich dann in der Luft ausbreiten. Diese sind für das menschliche Ohr nicht hörbar, da sie zu hochfrequent sind. Fledermäuse, Wale und Delfine können die Töne aber wahrnehmen. Sie setzen diese zur Orientierung und zum Beutefang ein. Bei der Echolokalisation sind sie so geschickt, dass sie mit Leichtigkeit selbst Haken schlagende Insekten fangen können. Diese Töne bewegen sich in Form von Schallwellen durch einen Raum.
Treffen die Schallwellen dann auf ein Hindernis werden sie auf bestimmte Art und Weise reflektiert. Diese Resonanz wird von der Fledermaus über ihre sensiblen Ohren aufgenommen. Anhand des Echoklanges kann das Tier die Hindernisse spezifizieren und einordnen. Dabei erkennt es beispielsweise sogar ein menschliches Haar bis zu 0,2 mm Durchmesser. Delfine und Wale haben das System der Echoortung noch weiter perfektioniert. Sie scannen mit Klickgeräuschen ihre Umwelt ab, wodurch sie ein dreidimensionales Bild ihrer Umgebung erhalten. Menschen sind ebenfalls in der Lage, die Technik der Echoortung zu erlernen. Das so genannte Klicksonar ähnelt der Echolokalisation der Tiere. Der Mensch erzeugt mit seiner Zunge am oberen Gaumen ein akustisches Signal, welches von Hindernissen, die sich in der Nähe befinden, zurückgeworfen wird. Durch ihre unterschiedliche Beschaffenheit klingen die Objekte unterschiedlich. Geschulte Personen können aufgrund des Klanges die Form als auch die Lage und die Entfernung eines Gegenstandes erkennen.
Im Gegensatz zum Blindenstock, der meist nur im direkten Umfeld eingesetzt wird, lässt sich die Echolokalisation mittels Klicksonar sogar bis zu 200 Metern Entfernung anwenden. Während Fleder- mäuse hunderte Klicks pro Sekunde abfeuern, um die Umgebung genau einschätzen zu können, schaffen Menschen hingegen im Normalfall nur drei bis vier Zungenschnalzer. Dafür können Blinde, abhängig davon wo sie sich befinden, die Töne in Lautstärke wie auch Frequenz und Intensität variieren. Geübten Personen wie Daniel Kish reicht dies, um sich von der Umgebung einen differenzierten räumlichen Eindruck zu verschaffen. Ihr Hirn vermag es, die akustischen Echo Signale in ein dreidimensionales Bild der Umgebung umzusetzen. Der 1966 in Montebello, Kalifornien, geborene Daniel Kish ist von klein auf blind und verfeinert die Technik des Klicksonars. Durch einen Tumor verlor Daniel Kish im zweiten Lebensjahr die Sehkraft auf beiden Augen.
Bereits als Kind fand Kish heraus, dass Schnalzlaute ein Echo erzeugen. Zunächst unbewusst, nutzte er bereits sehr früh die Tatsache, dass bestimmte Materialien einen spezifischen Echoklang erzeugen. Dass Blinde die Geräusche der Umgebung zur Orientierung nutzen, war nicht neu. Kish allerdings perfektionierte die Technik der Echoortung. Die Geräusche eines Langstock oder ein Fingerschnalzen wurden bisher durch einen beweglichen Sender ausgelöst. Mit jedem Ton ändert sich die Entfernung des Senders zum Ohr. Auch wenn der Unterschied nur gering ist, so wird er doch vom Gehirn registriert und oftmals als nicht zuverlässig eingestuft. Der Zungenklick hingegen wird von der immer gleichen Stelle aus produziert. Ein festes Verhältnis zwischen dem Sender Zunge und dem Empfänger Ohr kann im Gehirn der blinden Person ein richtig scharfes und dreidimensionales Bild entstehen lassen. Prof. Dr. Lutz Wiegrebe ist Hirnforscher an der Münchner Ludwig Maximilian Universität und experimentiert mit der Echoortung und Echolokalisation. Der Fledermausforscher untersucht die Echoortung bzw. das Echosonar nicht nur bei Tieren sondern auch beim Menschen.
Dazu ließ der Hirnforscher an der Ludwig Maximilian Universität unter anderem Studenten mit geschlossenen Augen einen Gang entlanglaufen. Sie sollten sich nur anhand von Schnalzgeräuschen der Zunge orientieren. Die Studierenden erzielten innerhalb kürzester Zeit beachtliche Erfolge bei ihrer Echolokalisation. So konnte der Abstand zu einer Wand von den Probanden bis auf 30 Zentimeter genau abgeschätzt werden. Das Gehör spielt auch bei sehenden Menschen eine wichtige Rolle für die Raumwahrnehmung, allerdings zumeist unbewusst. Daniel Kish, der sich mit Hilfe der Echoortung orientiert, wurde ebenfalls von dem Forscher untersucht. Dabei entdeckte dieser, dass Kish sich des sekundären visuellen Kortexes der Sehrinde bedient, um Raumgrößen einzuschätzen. Das Hirnareal der Großhirnrinde erweist sich flexibel. Der Kortex scheint somit nicht nur rein visuelle Impulse verarbeiten zu können, sondern auch Informationen anderer Sinnesbereiche …
Echolokalisation © Ljupco Smokovski & Berchtesgaden (Fotolia)