Nach der Trennung kommt die Frage nach dem Sorgerecht
Wenn Eltern nicht mehr mit einander können und sich trennen, bleibt eine große Frage, nämlich die, wer für die Kinder sorgt. Gerade nach der Trennung sollten sich Eltern schnell darüber einig werden, bei wem die Kinder künftig wohnen sollen, damit die Kinder sich schnell an die neue Situation gewöhnen und wieder Fuß fassen können. Doch die elterliche Sorge hat damit allein rein rechtlich gesehen noch nichts zu tun. Das Sorgerecht beinhaltet weit mehr wesentliche Punkte für den Werdegang der Kinder und umfaßt weitere für die Erziehung wichtige Themen wie die Schule oder den Kindergarten, welche die Kinder besuchen sollen.
Heutzutage lautet in der Regel meist immer die erste Frage, welche sich die Eltern nach der Trennung stellen, wer bekommt das Sorgerecht? Dann geht es darum, wer zukünftig die Rechte und Pflichten, die mit der Erziehung einhergehen, übernimmt und sich um die Kinder kümmert. Darüber streiten die meisten getrennten Eltern vor Gericht, denn ein alleiniges Sorgerecht geltend zu machen ist ohne das Einverständnis des anderen Elternteils sehr schwer, da die Gerichte auch getrennte Eltern immer noch als gemeinsame Verantwortliche für das Wohl des Kindes sehen. Nur in besonderen Ausnahmefällen entscheidet ein Gericht gegen die gemeinsame elterliche Sorge. Doch wann stehen die Chancen auf alleiniges Sorgerecht gut? Um zu prüfen, wer den elterlichen Pflichten am ehesten nachkommt und welcher Elternteil sich mehr um das Bedürfnis der Kinder kümmert, setzen viele Richter auf die Meinung des Jugendamtes und ggf. des Gerichtshelfers.
Diese Personen machen sich ein Bild von der Familie in ihrer gewohnten Umgebung und sehen wie mitein- ander umgegangen wird und wo die Kinder leben. Mit allen Beteiligten werden zudem Gespräche geführt, um festzustellen, wer die elterliche Pflicht am ehesten erfüllt. Das gilt sowohl für den Elternteil, bei dem die Kinder dauerhaft leben als auch für den, bei dem die Kinder nur zu Besuch sind. Denn auch dann ist ein vernünftiges zu Hause ein Muss. Wer also glaubt, er könne als Single darauf verzichten, sein neues Heim kindgerecht einzurichten, begeht einen meist schwer wiegenden Fehler. Denn auch dort wird von dem Jugendamt und dem Gericht geprüft, ob es genügend Platz und Entfaltungsmöglichkeiten für das Kind gibt, wenn es bei dem anderen Elternteil zu Besuch ist. Hat einer der Eltern schwer wiegende persönliche Probleme, ist die Chance groß, dass das Sorgerecht auf den anderen Erziehungsberechtigten allein übertragen wird.
Sehr viele Eltern machen den Fehler zu glauben, dass ihnen das alleinige Sorgerecht zugesprochen wird, wenn sie vor dem Gericht nachweisen können, dass sie mit dem anderen Elternteil nicht mehr auskommen. Doch das Verhältnis der Eltern zueinander interessiert das Gericht erst dann, wenn dies einen negativen Einfluß auf das Wohl des Kindes hat. Um das zu prüfen, setzen die Gerichte bei Härtefällen zusätzlich einen Psychologen ein, der durch Gespräche mit Eltern und Kindern sowie durch Begutachten der häuslichen Umgebung ein umfassendes Urteil für den Richter verfaßt. Auch Gespräche mit sonstigen Kontaktpersonen der Kinder können erwünscht werden, wie zum Beispiel mit den Erziehern oder Lehrern, um weitere Einblicke zu haben wie sich das Kind außerhalb des Elternhauses verhält und was es erzählt.
Die Gespräche mit den Kindern verlaufen in der Regel ohne das Beisein der Eltern, damit das Kind ganz ungezwungen über alles sprechen kann und nicht das Gefühl hat, es müsse für einen Elternteil besonders einstehen. Endgültig entschieden über das Sorgerecht wird erst, wenn nachgewiesen werden kann, dass einer der Eltern absolut nicht im Stande ist, für das Wohl des Kindes Sorge zu tragen oder der Konflikt der Eltern so gravierend ist, dass davon ausgegangen wird, dass die Eltern nicht gemeinsame Entscheidungen zum Wohl des Kindes treffen können. In allen anderen Fällen heißt es, trotz einer Trennung weiterhin gemeinsam für das Kind da zu sein und zusammen zu entscheiden, was das Beste für das Kind ist. Denn auch wenn man sich als Paar auseinander gelebt hat, was für ein Kind schon schwer genug zu verarbeiten ist, so ist es doch von besonderer Wichtigkeit zu zeigen, dass man dennoch als Eltern weiterhin zusammen für das Kind da ist.
So erspart man dem eigenen Kind auch viele zermürbende Gespräche mit den Beauftragten vom Gericht. Denn niemand möchte gern unangenehme und private Fragen gegenüber Fremden beantworten. Und Kinder schon mal gar nicht. Doch viele zerstrittene Eltern scheinen diese für Kinder unangenehme Situation bei dem Gang zum Familiengericht vergessen zu haben. Dabei sollten sie sich im Klaren darüber sein, dass bereits Kinder ab vier bzw. fünf Jahren vor einem deutschen Familiengericht gehört werden können und welche psychischen Belastungen dies für ein Kind innerhalb eines Sorgerechtsstreits mit sich bringen kann. Um es gar nicht erst zu einem Streit vor Gericht kommen zu lassen, sollten Eltern darüber nachdenken, ob nicht eine Beratungsstelle oder eine Familientherapie helfen kann, neue Wege zu einem gemeinsamen Umgang trotz der Trennung zu ebnen. Damit man als Familie weiterhin bestehen bleibt, auch wenn man als Paar getrennt ist …
Sorgerechtsstreit © Recht Schoen & Endostock (Fotolia)